Nadelstichverletzung - Was nun?

 

"Die erste Famulatur: OP, Blutabnehmen, Patienten untersuchen. Endlich Medizin.

Doch dann an einem Morgen passiert es; Mit der Nadel abgerutscht und direkt in den Daumen...

Und jetzt??"

 

Viele von uns im Studium werden diese Erfahrung irgendwann machen oder  gemacht haben.  Erstmal keine Panik!

Dennoch solltet ihr folgende Punkte berücksichtigen, was nun zu tun ist, da ich aus eigener Erfahrung und durch Berichte Bekannter mitbekommen habe, dass es sehr wohl noch Krankenhäuser gibt, die von so etwas keine Ahnung haben.


1. Prävention:

Blutabnehmen mit Handschuhen, v.a. bei "suspekten" Patienten, oder bei denen eine Infektion bekannt ist. Besser natürlich generell.

Abwurf (Yellow Box) mit ins Zimmer nehmen und Kanüle oder Nadel direkt entsorgen. Dabei niemals in die Box fassen. Falls die Nadel hängen bleibt, mit einem Blutröhrchen oder einem geeigneten langen Gegenstand das Gefahrgut in die Box schieben (schütteln hilft meist auch)

 

Benutzte Nadeln NIEMALS wieder in ihre Schutzhülle zurückstecken!!!

    ! SO NICHT !

 

Hepatitis B Prophylaxe! (Hausarzt fragen oder im Uniklinikum für umsonst abstauben)


2. Wenn es doch passiert ist

*

Solltet ihr euch doch einmal mit einer Kanüle, Braunüle, OP Nadel oder ähnlichem gestochen haben:

Wunde auspressen (richtig bluten lassen, damit Viren ausgespült werden) und unter Wasser und Seife ausspülen (minimal 5 Min.)

Wundkanal spreizen und mit Desinfektionsmittel (z.B. Kodan®) besprühen  (ebenfalls 5 Min.)

Meldung beim D-Arzt (meist chir. Ambulanz) und berufsgenossenschaftliche Aufnahme des Arbeitsunfalls (Auf jeden Fall machen! Falls doch etwas passiert ist habt ihr nur hierdurch eine Anerkennung als Berufskrankheit); Hierbei Blutentnahme um HIV, HCV und HBV Serologie

Beim Patienten Serum abnehmen und HIV Test (Informierung des Patienten erforderlich; Pat. hat Duldungsgebot, d.h. er darf sich der Untersuchung nicht entziehen!)

Gegebenenfalls PEP bei bekannten (!) Infektionen

Safer Sex für 6 Monate !!!

Tests nach 3, 6, 9 und 12 Monaten auf HIV, HBV, HCV (werden von BG übernommen)


3. Der Terror danach?

Sicherlich macht man sich Gedanken über eine mögliche Infektion. V.a. wenn der Patient Virusträger war. Dennoch einmal ein paar Zahlen und Möglichkeiten, die ihr habt:

HIV - Nadelstichverletzung:        0.2% Übertragungswahrscheinlichkeit

HCV - Nadelstichverletzung        2% Übertragungswahrscheinlichkeit

HBV - Nadelstichverletzung        20% Übertragungswahrscheinlichkeit (Impfung möglich!!!)

Blut ins Auge bekommen:            0.09% bei HIV Übertragungswahrscheinlichkeit

Urin / Speichel Kontakt               <0.05%

Handschuhe getragen                  Risiko x 0.5

keine Hohlnadel                         <0.05%

 

3a) HIV

 

 

 

 

Virusträger in Deutschland:            39.000 / 85.000.000        etwa 0,0004 % (davon 24% Frauen) (Quelle: rki)

Möglichkeiten der Testung

HIV AK Schnelltest

nach 3 Monaten, aber sehr unzuverlässig, v.a. bei persistenten anderen Infekten. Der Test eignet sich nur als Screeningverfahren. Kosten: ?

EIA (Enzyme immune Essay) nach 3, 6, 9 Monaten; Aussagekräftig zu 95% nach 3 Monaten; Kosten:  0 (Leistung durch BG)

HIV PCR (quantitativ); müsstet ihr selbst zahlen (ca. 120 €), aber schon nach 3-4 Wochen aussagekräftig!!!!  z.b. bei Bioscientia oder Böhringer Ingelheim; Dieser Test ist hochzuverlässig, da er direkt Virus RNA nachweist.

 

Möglichkeiten der Prophylaxe nach NSV

PEP (Postexpositionsprophylaxe)               

Proteinaseinhibitor + NRTI + NNRTI

reduziert Erkrankungswahrscheinlichkeit um 80%, wenn sie in den ersten zwei Stunden (max 48) nach der Verletzung begonnen wird. Hierbei auf jeden Fall Rücksprache mit Oberarzt und evtl. mit Arbeitsmedizin / HIV - Ambulanz über Präparate und Dauer der Einnahme. Eine Applikation der PEP danach ist nicht sinnvoll.

 

Risikoabschätzung:

ACHTUNG: Dies sind Zahlen von Internetseiten (v.a. Schweiz und Österreich). Diese Zahlen unterliegen zeitlicher Diskrepanz. Falls jemand andere Daten hat, mailt mir das bitte, damit ich es hier korrigieren kann!

 

Nadelstichverletzung:    oberflächlich                    <0.05%

Nadelstichverletzung      tief                                  0.2%

Nadelstichverletzung    keine Hohlnadel                <0.05%

Inokulation von Blut auf Schleimhäute                   0.09%   

 

Handschuhe getragen                                            Risiko x0.5

PEP zeitgerecht angefangen                                   Risiko x0.2

 

bekannter HIV Patient unter Therapie                    geringer, da der Pat. selbst eine geringe Viruslast hat (Prüfen!)

AIDS Patient                                                        Risiko x6  (da hohe Viruslast)

Kanüle zuvor in Vene oder Arterie                        Risiko x5

Pat. hat kein HIV nachgewiesen                            gegen 0 (stat. Risiko von 0.0004%)

HIV Nadel mehr als 5 Minuten an Luft                  sehr gering, da Virus sehr sensibel (2 min HWZ)

 

Achja: bisher sind Deutschland nur 46 HIV Infektionen (Stand Februar 2003) durch Nadelstichverletzung bekannt geworden, davon mehr als die Hälfte bei Entwicklungshelfern aus Dritte Weltländern

 

LINKS:           www.ukl.uni-freiburg.de/microbio/diagnostik/nadelstich.htm

                        www.rki.de

                        www.hivinfo.de/handbuch/nadelstich.htm

                        www.needlestick.com



3b) HBV

Infizierte Personen in Deutschland (Virusträger):        ca 7/1000                         (rki)

Es liegt eine Prophylaxe in Form einer Impfung vor

 

Bei NSV:         eigenen Titer testen; ggf Boosterimpfung als PEP

 

Risiko:            bei Nadelstichverletzung jeder Art :            20%

                      Risiko für Chron. Hepatitis:                        10% bei Infektion

                    ! Virus hält sich bis zu 2 Tage an kontaminierten Gegenständen!

PEP:           

LINKS:

http://www.rki.de



3c) HCV

Infizierte Personen in BRD (Virusträger):        4/1000                                   (rki)

Risiko:            bei Nadelstichverletzung jeder Art :            2%

                      Risiko für Chron. Hepatitis:                        50% bei Infektion

PEP:               g- Interferon Therapie

Tests:            PCR (quantitativ, nach 180 Tagen aussagenkräftig)

 

    http://www.hepatitis-care.de/content/hepatitis/fragen/nadelstich.htm

    http://www.rki.de



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* Das Blut ist geschummelt ;-)